Luftarchäologische Prospektionsergebnisse zur römischen Fernstraße Köln - Trier


Neue Erkenntnisse im Streckenabschnitt zwischen Zülpich und Jünkerath


Ausgangssituation

Straßenbefunde bei Nettersheim

Luftbildbefund - Befunde der Bodenprospektion - Kartenauswertung - Interpretation der Befunde

Forschungsgeschichtlicher Abriß

Quellen zur Rekonstruktion der römischen Trasse zwischen Zülpich und Jünkerath

Antike Itinerare und Karten - Topographische Karten der Neuzeit - Befunde der Luftprospektion

Rekonstruktion der Trasse zwischen Zülpich und Jünkerath

Konsequenzen und offene Fragen

Zur Lokalisierung von MARCOMAGUS - Urfttalüberquerung

Zusammenfassung

Nachtrag - Anmerkung - Literaturnachweis - Abbildungsnachweis

Titelbild - Taf.1 - Taf.2a - Taf.2b - Taf.3a - Taf.3b
Abb.1 - Abb.2 - Abb.3 - Abb.4 - Abb.5 - Abb.6 - Abb.7 - Abb.8 - Abb.9 - Abb.10



Konsequenzen und offene Fragen

Urfttalüberquerung


Für die Trasse der römischen Fernstraße Köln - Trier ist im Abschnitt zwischen Zülpich und Jünkerath das Urfttal als das mit Abstand größte Verkehrshindernis anzusehen. Hier stellt sich die Frage, auf welche Weise dieses Hindernis überwunden wurde.

Für den Ausgleich gravierender Höhenunterschiede im Verlauf gesicherter römischer Trassen gibt archäologische Befunde, die belegen, daß im Einzelfall zwei sehr unterschiedliche technische Lösungen praktiziert wurden:

Lösung 1: Geländeangepaßte, in Serpentinen geführte Trassen, gelegentlich mit kleinen Brückenbauwerken in den Talauen.

Lösung 2: Über aufwendige Brückenbauwerke geradlinig geführte Trassen.

Gut dokumentierte Beispiele von serpentinenartig angelegten Streckenabschnitten römischer Fernstraßen liegen aus Raetien und Noricum vor. 28 Auch in Obergermanien gibt es einen vergleichbaren Befund bei Bacharach, Kr. Mainz, wo die im Rheintal verlaufende Fernstraße Köln-Koblenz-Mainz durch Serpentinen an einen höhergelegenen Straßenzug in den Hunsrück zur Ausoniusstraße angeschlossen wurde 29.

Eines der bekanntesten und besterhaltenen Beispiele für die geradlinige Trassierung über aufwendige Ingenieurbauwerke ist die 58 m hohe Brücke über den Tajo bei Alcantara (HISPANIA TARRACONENSIS). 30

Mächtige römische Brückenbauten sind auch im weiteren Umfeld unseres Arbeitsgebietes (GERMANIA I/II, GALLIA BELGICA) durch antike Schriftzeugnisse und Architekturreste nachgewiesen. Nur selten sind hier allerdings obertägige Reste der römischen Bausubstanz, wie im Falle der Trierer Moselbrücke erhalten.31 Die Regel ist vielmehr, daß nahezu alle Monumentalbauwerke im Laufe der Zeit vollständig verschwanden und erst durch aufwendige archäologische Untersuchungen wieder in Teilen ihrer ehemaligen Dimensionen erfaßt werden konnten.

Ein Paradebeispiel für die fast vollständige Zerstörung aufwendiger Brückenkonstruktionen einer anderen Denkmälerklasse, an der Peripherie unseres Arbeitsgebietes, lieferten die archäologischen Ausgrabungen eines Aquäduktes der römischen Eifelwasserleitung nach Köln über das Swisttal bei Meckenheim. 32 Von einer ehemals 1,4 km langen, bis zu 10 m hohen, über ca. 295 Bogen geführten Brücke, konnten hier nur noch vier Ausbruchgruben und ein einziger Pfeilerstumpf von 1,1 m Höhe und einer Grundfläche von 1,2 x 1,8 m nachgewiesen werden.

Neben den in der Endphase des weströmischen Reiches erfolgten Zerstörungen durch einfallende Fremdvölker , den fehlenden Kenntnissen und Fertigkeiten, über dimensionierte Anlagen in nachrömischer Zeit noch erhalten zu können, kommt für derartige Verluste vor allem wohl die in starkem Maße erfolgte Zweitverwendung römischer Bausubstanz zur Errichtung mittelalterlicher Grab-, Kirchen und Profanbauten in Betracht.

Angesichts solcher Erhaltungsbedingungen kann es nicht überraschen, daß im Urfttal bislang keine obertägigen Baureste ausgemacht werden konnten, die an dieser Stelle die Existenz eines aufwendigen Brückenbaus belegen könnten. Sicherlich wäre es hier lohnenswert, durch den Einsatz geophysikalischer Prospektionsmittel (Echosonar, Magnetometer) zu versuchen, nähere Aufschlüsse über die Verhältnisse im Untergrund des Auebereiches im Urfttal zu erhalten.

Für die Serpentinenlösung der römischen Trasse am Südhang der Urft spricht das von uns prospektierte Hohlwegsystem, das unmittelbar an die im Luftbild dokumentierte Wegespur anschließt. Bei diesen Arbeiten wurde in einem der Hohlwege ein randlich liegender Stein mit deutlichen Abriebspuren von Wagenrädern entdeckt, der die Nutzung durch Radfahrzeuge über einen längeren Zeitraum hinweg belegt (s.u. Nachtrag Sept. 94).

Die Datierung des Serpentinensystems ist dennoch weiter unklar.

Bei einer römischen Fernstraße von strategischer und wohl auch wirtschaftlicher Bedeutung wird man davon ausgehen können, daß bereits im Stadium der Planung eine ganzjährige Nutzbarkeit vorgesehen war. Diese Voraussetzung erfüllt das Hohlwegsystem nicht. Das Gefälle ist hier stellenweise so groß (bis zu 50 %), daß die Überwindung mit Gespannen, etwa im Winter, äußerst beschwerlich, wenn nicht unmöglich erscheint.

Die römische Zeitstellung der Hohlwege halten wir daher nicht für sehr wahrscheinlich und favorisieren bis zur Vorlage eindeutiger Befunde die Hypothese eines talüberspannenden Brückenbauwerkes. Ein weiteres Indiz dafür liefert uns ein bis zu 10 m tief in den Urfthang eingeschnittener Steinbruch, der sich 50 m östlich von Abschnitt 3 (s.o. S. 1-2, Befunde der Bodenprospektion) befindet. Für diesen Aufschluß gibt uns die Tranchotkarte von 1809 einen Terminus ante quem. Ein Zusammenhang zwischen der Trasse und diesem Steinbruch scheint naheliegend, da hier in ausreichender Menge sowohl Material für den Straßen als auch für einen Brückenbau über die Urft entnommen werden konnte. 33


Zusammenfassung


Für Seiteneinsteiger: Untersuchungen zur Vorgeschichte Kreuzweingartens


© Copyright 2002, Gunter Amtmann, wingarden.de
Zur Startseite wingarden.de