Auszug aus: Die römischen Mosaiken in Deutschland
von Klaus Parlasca, Berlin 1959
(Römisch-Germanische Kommission des Deutschen Archäologischen Institutes zu Frankfurt a.M.,
Römisch-Germanische Forschungen, Band 23) - Sammlung Hans Regh



Die Kreuzweingartener Mosaiken


In der o.g. Veröffentlichung finden sich einige Aussagen bezüglich der Mosaike der Villa Rustica in Kreuzweingarten. Ab Seite 85 heißt es:

Südlich von Euskirchen wurde 1839 bei Kreuzweingarten eine Villa entdeckt, die 1851, 1874 und 1881 untersucht worden ist 6). Die großzügige Innenausstattung bezeugen zahlreiche Reste von Wandinkrustationen aus Marmor, die man in verschiedenen Räumen festgestellt hat, und zwei Mosaiken. Das eine 7) wurde in Bruchstücken 1839 gefunden. (Taf. 12,3) Erhalten sind zwei nicht anpassende Fragmente eines (?) achteckigen Bildfeldes, von dessen Darstellung noch die nackte Figur eines nach links gewendeten Mannes mit ausholendem rechten Arm in Rückenansicht zu erkennen ist 8). Da von einer einfachen Linie und einem Zahnschnitt umgebene Feld saß in einem Gefüge aus einem kontinuierlichen Flechtband, dessen weiterer Verlauf rechts noch in Ansätzen zu sehen ist. Die Umrahmung des Mosaiks bilden eine schiefe Sägezahnborte, eine Zone auf die Spitze gestellter Flechtbandquadrate, die durch Reihen kleiner schwarzer Quadrate voneinander getrennt sind 9), sowie ein dreistufiges Flechtband. Von den kleineren Feldern sind vier Rauten mit zwei verschiedenen Mustern teilweise erhalten. Die einen zeigen ein schräges Hakenkreuz mit verlängerten Endigungen, die andern sind in vier kleinen Rauten hell-dunkel geteilt. Wir dürfen eine Gliederung durch ein kontinuierliches Flechtbandnetz mit einer Mehrzahl von Bildfeldern annehmen, neben denen zahlreiche kleinere Felder, Quadrate, Trapeze und Rauten als Verbindungs- und Füllglieder gedient haben. 10)

Das zweite, 1881 gefundene Mosaik 12) befand sich im R. 6 im südlichen Teil der Villa (Taf. 84,1). Seine Größe betrug etwa 7,20 x 4,70 m. Im Gegensatz zu dem reichen Mosaik der älteren Grabung beschränkt sich hier die Musterung ausschließlich auf mit etwas Rot bereicherte schwarze Ornamente auf weißem Grund. Der Rahmen besteht aus abwechselnd gestellten Pelten, deren äußere Konturen - an den Spitzen ineinandergeführt - in regelmäßigen Wellenlinien verlaufen 12). Die mittleren Endigungen sind sternartig ausgestaltet und bis zum Rand verlängert. Die Ornamenteinheit des Flächenmusters bilden abwechselnd waagerecht und senkrecht gestellte, längliche Sechsecke, deren Kontur innen von einem Zahnschnitt begleitet wird. In ihrer Mitte befinden sich große Kreuzmuster mit knospenartigen Verzierungen an den Enden, bei denen etwas Rot verwendet ist. Um die Sechsecke sind je vier Pelten mit spiralartig eingerollten Endigungen gruppiert - an die Schmalseiten mit dem runden Außenkontur angefügt bzw. sich mit der mittleren Endigung aus der stumpfen Winkeln der Langseite entwickelnd. Die mit den Spitzen an die Rahmenlinie stoßenden Pelten sind unverziert. Die Zwischenräume nehmen mit einem Kreuzstern gefüllte Quadrate ein.

Das Bildmosaik weist in seiner Komposition so starke Übereinstimmungen mit Trierer Mosaiken unserer frühseverischen Gruppe auf (besonders die Rahmenzone s.o.), daß man es diesem Werkstattbereich wird zuordnen dürfen. Die eigenartigen Kreuze in den Sechsecken des zweiten Bodens entpuppen sich bei genauerer Betrachtung als Derivate des Formenschatzes derselben Werkstatt. Sie kehren wieder bei einer Rosette der unserem Mosaik sehr ähnlichen Rahmenzone des Literatenmosaiks (Abb. 5) vom Constantinplatz. Daraus ergibt sich zweifelsfrei auch die Gleichzeitigkeit beider Mosaiken von Kreuzweingarten, die wir um 200 zu datieren haben werden 13).


Kreuzweingarten

Im Verlaufe des Aufsatzes ergeben sich noch einige Angaben zur sogenannten „Trierer Werkstatt“. Als diese bezeichnet man einer Gruppe zugehörigen Mosaiken, zu denen das Kreuzweingartener gehört. Die Frage hierzu wird auf Seite 126 o.g. Veröffentlichung beantwortet:

Dabei kommt es vor allem darauf an, das Einflußgebiet der Trierer Werkstätten festzulegen. Welche Mosiken des Rheingebietes außerhalb des eigentlichen Trierer Landes erweisen sich als von Trier abhängig? Diese Frage läßt sich mit Sicherheit positiv für die Mosaiken von Köln, Kreuzgasse, Kreuzweingarten und Kreuznach beantworten.

Eine weitere Gruppierung der Mosaiken des Rheinlandes läßt Köln als Zentrum dieser anderen Gruppe ansehen.



  1. Overbeck, Die röm. Villa bei Weingarten, Bonner Winckelmannsprogramm 1851 - E. Aus'm Weerth bei P. Clemen, KdRhPr. 4, 4 Kreis Euskirchen 187 ff. Abb. 82 (Plan)

  2. Aus R. 12 - die Originalfragmente sind verschollen - Inv. Mos. I Nr. 1635 - Overbeck a.a.O. 6.8. 15f. Abb. 3.

  3. Die von Overbeck gegebene Deutung als Gladiator ist willkürlich; P.J. Meier, WZ. 1,1882, 175 f. - E. Krüger, RGKBl. 8, 1915, 26 Anm. 30.

  4. Zwei Trierer Parallelen für dieses Rahmenmotiv s.o.S. 27f.; vgl. unten S. 118.

  5. Overbecks Rekonstruktionsversuch ist nicht haltbar. Bei unserer Abbildung ist auf eine Ergänzung mangels ausreichender Anhaltspunkte verzichtet worden, wobei unwesentliche, von O. falsch angeordnete Fragmente weggelassen wurden.

  6. Bonn, Landesmuseum - Inv. Mos. I Nr. 1636 –E. Aus'm Weerth a.a.O. 190 Abb. 83 - Ein verwandtes Muster zeigt ein Mosaik des 4. Jh. von Montcaret (J. Formigé, Congr. archéol. de France 102, 1941, 189 Abb. S. 190)

  7. Dasselbe Motiv begegnet in entwickelter Form bei einem großen Dreifeldermosaik der Villa von Negrar di Valpolicella in Venetien, Nsc. 1922, 346 ff. Abb. 4ff.

  8. Keinesfalls läßt sich die Annahme A.'s aufrecht erhalten, daß der südliche Teil der Villa eine in das 4. Jahrhundert gehörende Erweiterung ist. Dagegen spricht auch die Tatsache, daß in R. 7 wie in verschiedenen Räumen des nördlichen Teils zwei Fußböden übereinander festgestellt wurden.

Sammlung Hans Regh

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