Die Vordereifel



Geschichtliches und Wanderungen von Joseph Pesch - 1901





Der Römerkanal


(Sage seiner Entstehung.)
Eberh. v. Groote.



Köln, die alte Stadt am Rhein,
Baut sich einen Dom von Stein,
Will den heil'gen Platz
Dem Dreiköngenschatz,
Gott und seiner Mutter weih'n.

Ein Jahrhundert ist nun schon
Über jenem Werk entflohn,
Das sich kühn erhebt,
Zu dem Himmel strebt
Deutscher Kunst und Liebe Korn !

Laut erschallt der hohe Chor,
Pfeiler richten sich empor,
Und der Meister mißt,
Was nun fertig ist,
Zum Gewölb am weiten Tor.

Da erhebt ein Lehrling sich:
"Meister, was bemühst du dich ?“
Spricht er, "laß es sein,
Nimmer mag,s gedeih'n,
Bruchstück bleibt es ewiglich !"

Und der Meister zürnend schweigt,
Seinen Lohn dem Lehrling reicht:
"Du hast kein Vertrau'n,
Bist nicht wert, zu bau'n,
Was zu Gottes Himmel steigt !"

Aber trotzig grinst der Knecht:
"Weh euch, daß ihr mit mir brecht !
Eher ich euch führ,
Wasser her von Trier,
Als eu'r Turm die Spitze trägt ! "

"Das wird nimmermehr gescheh'n !“
Und sie trennen sich und geh'n
Jeder an sein Werk:
Der zum Eifelberg,
Dieser zu des Domes Höh'n

Zu dem frechen Lehrling tritt
Schnell der Böse: "Nimm mich mit !“
Sagt er, "ich will trau'n,
Fleißig mit dir bau'n,
Nur gewähr, mir eine Bitt' !

"Ist erst unser Werk vollbracht,
Sei dein Dienst mir zugesagt! "
"Topp, das s oll gescheh'n !
Hier mein Blut !" Sie gehn
Und der Anfang wird gemacht.

So vergehet Jahr und Tag,
Und es steiget nach und nach
Schon der Turm heran,
Auf ihm steigt der Krahn,
Hell ertönt der Glockenschlag.

Und der wack're Meister schaut,
Wie ein Bräut,gam zu der Braut,
Nieder von dem Turm.
Sieh, ein böser Wurm
Aus dem Boden kriecht ! Ihm graut.

Jener Lehrling trat herfür,
Sprach: "Ich hab vollendet hier
Den Kanal !" Es schwamm,
Als er brach den Damm,
Eine Ente her von Trier.

Und der Meister starrend sprach:
"Gott, wie rächt sich diese Schmach !“
In das Wassergrab
Stürzt er hinab,
Und sein treuer Hund ihm nach.

Von dem Turme fällt er noch
Mit dem Hund; das Wasserloch
Ist auch dort zu sehn,
Und der Dom muß steh'n
Seither unvollendet noch.

Doch der Wurm im Augenblick
Brach dem Lehrling das Genick.
Nachts kehrt, wie es heißt,
Oft des Meisters Geist
Messend in den Dom zurück.



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