Römisches Tempelchen oder Benifizarposten

Von Hans Regh


Im Jahre 1928 legte Pfarrer Reinartz, dessen Wirken in Kreuzweingarten an anderer Stelle dieses Buches gewürdigt wird, auf der Höhe hinter dem Pfarrgarten, wenige Meter von der Achse der hier ausgebauten römischen Wasserleitung entfernt, Teile eines kleinen, alten Bauwerks frei. Dieses Bauwerk hatte einen rechteckigen Grundriß von 5,60 X 3,88 m mit 42 cm starken Mauern aus Bruchsteinen und war teilweise noch bis zu einer Höhe von 80 cm erhalten. Der Fußboden bestand aus einem Estrich mit einer 30 cm starken Stickung aus Bruchsteinen und einer 15 cm starken oberen Lage aus Kieseln, Ziegelkleinschlag und Kalk. Die Wände trugen einen 6 cm starken Putz mit blauer, roter und grüner Bemalung. Der zur Hangseite (Süden) hin von Pfarrer Reinartz vermutete kleine Raum wies sich bei den vom Rheinischen Landesmuseum Bonn im Jahre 1967 durchgeführten Nachgrabungen als Eingang mit Treppenvorbau aus. In den drei anderen Mauern waren Nischen, die wohl zur Aufbewahrung von Götterbildern oder anderen Skulpturen gedient haben. Man nahm bisher an, daß es sich um ein Tempelchen gehandelt habe.

Die beiden in den Jahren 1928 und 1967 durchgeführten Grabungen haben eine zweifelsfreie Zuordnung des Gebäudes nicht ergeben. Lediglich die Bauzeit dürfte mit 2. Jahrhundert n. Chr. einigermaßen genau anzugeben sein. Wenn man die Zweckbestimmung des Gebäudes von der Lage her deuten will, kann man aber auch zu der Auffassung gelangen, daß es sich um die Unterkunft eines Aufsehers der römischen Wasserleitung gehandelt haben kann. Die Reste solcher kleinerer Gebäude hat Eick bei seinen Forschungen über die römische Wasserleitung aus der Eifel nach Köln in unmittelbarer Nähe der Wasserleitung wiederholt festgestellt, z. B. bei den Sieben Sprüngen an der Urft, bei Vussem und im Swistbachtale (C. A. Eick, "Die römische Wasserleitung aus der Eifel nach Köln, Bonn 1867, Seiten 29, 62, 115) .

Beurteilt man jedoch aus der Höhenlage des Gebäudes ohne Rücksicht auf die unmittelbar angrenzende römische Wasserleitung die Art des Gebäudes, so ist ebenfalls die Ansicht zulässig, daß es die Hochwarte eines Benefiziarpostens gewesen sein könnte. H. von Petrikovits führt in dem Heft 86 der Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes NRW Kreuzweingarten-Rheder als Benefiziarposten auf. Benefiziarer waren Soldaten, die durch Vergünstigung eines höheren Vorgesetzten von gewissen Diensten befreit waren, mit wichtigen Aufgaben betraut wurden und besondere Dienste verrichteten. In erster Linie wurden sie für den Schutz von Straßenkreuzungen, Flußübergängen, Pässen und anderen wichtigen Punkten eingesetzt.



Die Straßenwarten wurden unmittelbar neben den Straßen angelegt. Daneben gab es Hochwarten auf nahegelegenen Höhen, die eine weite Sicht boten und eine Verständigung mit anderen Warten mittels Feuersignalen oder anderer optischer Signale ermöglichten. Als Hochwarte bot diese Stelle bei niedrigem Baumbestand eine ausgezeichnete Sicht über das Erfttal, die Straße und den Erftübergang. Der Deutung, daß es sich bei diesem kleinen Gebäude um einen Benefiziarposten gehandelt haben kann, steht auch nicht das Vorhandensein der drei Nischen entgegen, da wir wissen, daß die Benefiziaren in diesen Warten auch Weihesteine aufgestellt haben. Nach Joseph Hagen, "Römerstraßen der Rheinprovinz", Bonn 1931, weihten die rheinischen Benefiziare ihre Altäre dem Jupiter, als dem höchsten römischen Gott, und dem Schutzgott der Örtlichkeit, Genius ader Tutela loci, bisweilen dem Herkules, Mithras, dem Rheinstrom und anderen Gottheiten, manchmal den Wegegöttern und den einheimischen Matronen, z. B. den Aufaniae bei Nettersheim und den Vacallinehae bei Pesch.

Es ist an die Erhaltung bzw. Wiederherstellung gedacht. Um dem Verfall und einem wilden Nachgraben vorzubeugen, wurde das Gefundene erst einmal abgedeckt. Die endgültigen Konservierungsarbeiten sollen in naher Zukunft beginnen.


Zeichnerische Rekonstruktion des kleinen Gebäudes. Wenige Meter dahinter verläuft unterirdisch die Wasserleitung


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