Die Katzensteine im Veybachtal

Die Felsen als Natur- und archäologisches Bodendenkmal

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Von Klaus Krüger


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Wer die durch das Veybachtal verlaufende Landstraße 61 von Satzvey nach Mechernich befährt, bemerkt nach gut der Hälfte der Strecke nahe der Ortschaft Katzvey auf der linken Straßenseite eine aus dem Berghang markant hervortretende Felsgruppe aus schräggeschichteten Sandsteinen und Konglomeraten des mittleren Buntsandstein, die sogenannten Katzensteine, früher hin und wieder auch Katzenköpfe genannt. Die bis zu 15 Meter hohen rotbraunen Katzensteine mit ihren steil nach Osten, Süden und Westen abfallenden Wänden stehen schon seit 1937 unter Naturschutz. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Katzensteine ein beliebtes Ausflugsziel. Besonders viele Sonntagsausflügler aus Euskirchen besuchten sie damals. Diese fuhren mit dem Zug bis Satzvey und wanderten von dort meist durch das Veybachtal über die Landstraße zu den bunten Felsen. Nachdem das Interesse an den Katzensteinen nach dem 2. Weltkrieg vorübergehend etwas nachließ, ist, nicht zuletzt als Folge interessanter Ausgrabungserkenntnisse zu Anfang der siebziger Jahre, wieder zunehmender Fremdenverkehr festzustellen.

Heute muß man aber sowohl Wanderern als auch Radfahrern von der Benutzung der stark frequentierten und gefährlichen Landstraße von Satzvey nach Mechernich dringend abraten. Statt dessen sind die Katzensteine von Satzvey zu Fuß oder mit dem Fahrrad am bequemsten und gefahrlosesten durch Wiesen und ein Waldstück in Richtung Katzvey und dann vom Katzveyer Neubaugebiet aus über den älteren Ortsteil zu erreichen. Übrigens befindet sich unmittelbar neben den Katzensteinen an der Landstraße ein Parkplatz. Dort und vor den Felsen wurden Tafeln aufgestellt, die wichtige Informationen über das Natur- und Bodendenkmal enthalten.

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Die Entstehung der Buntsandsteinfelsen

Die Katzensteine gehören zu einem Buntsandsteingebiet, das sich von Kall und Keldenich über den ehemaligen Mechernicher Bergwerksbereich bis zum Veytal erstreckt. Der Buntsandstein entstand aus den Ablagerungen eines die ganze Eifel überdeckenden Binnenmeeres im Zeitabschnitt der Trias vor etwa 220 Millionen Jahren während eines Wüstenklimas. Im weiteren Verlauf der Erdgeschichte wurden die Sedimente aus Sand und Geröll von neuen Meeresablagerungen überdeckt und sanken in die Tiefe, wobei sie sich unter dem dabei entstehenden Druck verfestigten. Durch Verwerfungen und Verwitterung wurden die späteren Ablagerungen abgetragen, so daß die darunter liegenden Sande, die inzwischen zu festem Sandstein geworden waren, wieder an die Oberfläche kamen. Aber auch die freigelegten Buntsandsteinschichten der Eifel verwitterten im laufe von Jahrmillionen und wurden bis auf einige Restflächen abgetragen. Bei diesen erdgeschichtlichen Vorgängen entstanden die Katzensteine. Es mag erstaunen, daß der Buntsandstein nur rund 200 Meter nordöstlich der Felsgruppe, allerdings in einem eng begrenzten Bereich, schon völlig verwittert und zum Teil gebleicht ist. Deshalb konnte an dieser Stelle vor einigen Jahrzehnten eine Sandgrube angelegt werden, die aber inzwischen stillgelegt ist.

Zum jetzigen Aussehen der Katzensteine haben über einen unendlich langen Zeitraum Wind, Wasser, Trockenheit und Frost beigetragen. Bemerkenswert ist die Verwitterungsform. Die vielen kleinen, wabenartigen Vertiefungen sind durch Herauslösen der Salzkristalle vor allem bei Temperaturunterschieden und Regen entstanden. Auch der Mensch veränderte ihr Aussehen.

Die oberen Plateaus der „Katzensteine“ sind ein beliebtes Kletterziel. Fotos: Kreismedienzentrum

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Die Namensbildung

Die Katzensteine erhielten ihren Namen von einer untergegangenen kleinen Burg und in deren Nachbarschaft entstandenen kleinen Ansiedlung Katzvey. In der Burgenforschung ist die Burg bisher nicht in Erscheinung getreten. H. Roggendorf erwähnt in einer Abhandlung über Mechernich aus dem Jahre 1929 eine Burg - allerdings ohne Quellenangabe - die „1764 als dem Herzog von Arenberg gehörend angegeben“ wurde und noch Ende des 18. Jahrhunderts in den Wiesen gegenüber den Katzensteinen bestanden haben soll. Erst Norbert Leduc konnte 1979 die Existenz dieser Burg als „Katzenburg“ im Veytal innerhalb der Ortschaft Katzvey nachweisen.

Im Herrengedingbuch des Gerichts Kommern vom 8. 5. 1737 findet sich nämlich folgende Eintragung: „... unter Katzvey ahn der Katzenburg“. Im Kommerner Anerbenbuch wird sie 1743 und 1770 erwähnt. In beiden Fällen werden Grundstücke als „hinter der Katzenburg“ liegend bezeichnet. Beim Bau der kleinen Veybachbrücke und bei der Verlegung einer Kanalleitung in Katzvey in den Jahren 1957/58 stießen Bagger unterhalb (südlich) des Gehöftes Andreas Bädorf auf stärkere Fundamentmauern, bei denen es sich sehr wahrscheinlich um Reste der Katzenburg gehandelt hat.

Das Wort „Katz“ hatte früher die Bedeutung von „klein“. Nach den Erkenntnissen der Ortsnamenforschung bezeichnen „Katz“ und „Hund“ als Bestimmungsort in Ortsnamen die Kleinheit des im Grundwort genannten Begriffs und haben mit dem betreffenden Tier nichts zu tun. Weder die angeblich „katzenähnlichen Umrisse des Gesteins“ noch Wildkatzen, die einst in den zerklüfteten Felsen Unterschlupf gefunden haben sollen, dürften, entgegen früheren Deutungen, namenbildend gewesen sein. Vielmehr ist anzunehmen, daß sich das Bestimmungswort „Katz“ von der kleinen Burg und der dazugehörenden Ansiedlung Katzvey auf die schräg gegenüberliegenden großen „Steine“ übertrug. Für sie bildete sich die Bezeichnung „Katzensteine“.


Römischer Steinbruch

Nach Untersuchungen, die Archäologen des Rheinischen Landesmuseums in Bonn im Jahre 1971 durchführten, wurden die Katzensteine etwa von der Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. an 150 bis 200 Jahre lang, allerdings mit längeren Unterbrechungen als Steinbruch benutzt. Beginn und Zeitdauer der Steinbrucharbeiten lassen sich durch die Abbautechnik und durch Funde unter einem Überhang, den die römischen Steinbrecher als gelegentlichen Aufenthaltsort benutzt haben, datieren. An den Felsen sind heute noch die antiken Abbauspuren (Schrotgräben, Keillöcher und Ritzungen) vor allem auf der Süd- und Ostseite zu erkennen. Besonders gut haben sich die Arbeitsspuren an den Stellen erhalten, die mit Erde oder Abraumschutt abgedeckt und damit nicht der Verwitterung ausgesetzt waren. Zum Schutz vor Erosion und um die Beschädigung der Steine durch Menschen zu verhindern, hat das Rheinische Landesmuseum den größten Teil der bei den Grabungen freigelegten Fläche mit einer Humusschicht abdecken lassen. Zahlreiche Arbeitsspuren, die eindeutig römisch sind, lassen sich nicht nur an den Katzensteinen selbst, sondern auch an anderen Stellen in der näheren Umgebung nachweisen.

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Bei den Ausgrabungsarbeiten stießen die Archäologen auf eine römische Kulturschicht von 1,50 Meter, die zahlreiche Funde enthielt, darunter eine bunte Glasschüssel, von der man weiß, daß sie in Italien gefertigt worden ist.

Wichtig für die Archäologen aber waren bei der Grabung nicht nur die keramischen Funde. Die entdeckten Tierknochen, Kirschkerne und Haselnüsse lieferten wertvolle Erkenntnisse über die Ernährung der römischen Steinbrecher. Die Knochenfunde belegen, daß neben dem Reh auch das Wildrind gejagt worden ist, aber auch Hausschweine verzehrt und Muscheln in dem vorbeifließenden Veybach gesammelt wurden.

Die Steinbrucharbeiter gewannen Quader von maximal 1 Meter Kantenlänge und Platten von etwa 0,15 bis 0,40 Meter Dicke. Die Platten waren etwa 2 Meter lang. Aus den Werkstücken dürften wohl außer Werksteinen für Bauwerke (zum Beispiel für Zierelemente) und Steinsärge vor allem Weihesteine hergestellt worden sein, wie sie bei Satzvey, Lessenich, Iversheim und anderen nicht weit entfernt gelegenen Orten gefunden worden sind. Aber auch ein 60 Zentner schwerer Steinsarg aus dem 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr., der 1987 auf einem römischen Gräberfeld in Hürth-Hermülheim entdeckt wurde, ist nach Ansicht von Fachleuten „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ in dem Steinbruch an den Katzensteinen behauen worden. Auch wenn man berücksichtigt, daß die Römer für damalige Verhältnisse über ein gut ausgebautes Straßennetz verfügten und schon Hebekräne kannten, war der Transport mit schweren Karren, denen Ochsen oder Maultiere vorgespannt waren, von den Katzensteinen bis nach Hürth dennoch sehr beschwerlich und kostspielig. Einen solchen Aufwand konnten sich arme Leute nicht leisten.

Die „Katzensteine“ (Ansicht von Süden). Die bis zu 15 Meter hohen rotbraunen Buntsandsteinfelsen wurden in römischer Zeit als Steinbruch genutzt. Die überstehenden Felspartien boten Menschen vor rund 10.000 Jahren Schutz vor den Unbilden der Witterung.

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Die archäologischen Untersuchungen zeigten, daß nur die reinen Sandsteinpartien in einem kleinen Betrieb abgebaut wurden. Während der höchstens 200 Jahre währenden Nutzung gewannen die römischen Arbeitskräfte höchstens 2000 Kubikmeter verwertbaren Materials. Die verhältnismäßig geringe Menge entnommener Sandsteinblöcke, aber auch Überschneidungen von Schrotgräben, die den Bruchkantenverlauf bestimmen sollten, deuten darauf hin, daß überwiegend bei örtlich auftretendem Bedarf Werkstücke gebrochen worden sind. Hohen Ansprüchen konnte der Stein ohnehin nicht genügen, und durch die geringe Festigkeit wurde seine Verwertbarkeit auch stark eingeschränkt. Auch die gehäuft auftretenden Kreuzschichtungen standen einem größeren Abbau entgegen. In der Nähe der Katzensteine befindet sich eine römische Fundstelle, die noch nicht eingehend untersucht ist, bei der es sich aber wahrscheinlich um einen Tempel handelt. Mehrere hier gefundene Weihesteine wurden ebenfalls an den Katzensteinen gewonnen.

Nur 200 Meter von den Katzensteinen entfernt verläuft auf der Höhe im Wald die an einzelnen Stellen noch erhaltene, meist jedoch nur noch als Graben sichtbare römische Wasserleitung, die Köln sehr wahrscheinlich schon vom 8. oder 9. Jahrzehnt des 1. Jahrhunderts n. Chr. an bis 260/280 n. Chr. mit Trink- und Brauchwasser aus der Eifel versorgte.


Spuren aus der Steinzeit

Die Entdeckung des römischen Steinbruchs an den Katzensteinen im Jahre 1971 geschah rein zufällig bei einer von Archäologen im Auftrag des Landesmuseums Bonn durchgeführten Untersuchung, die eigentlich der Nachforschung nach steinzeitlichen Spuren dienen sollte. Auch diese fanden sich. Aus den seit Jahrtausenden am Fuße der südlichen Felswand unter einem Überhang abgelagerten Bodenschichten wurden bei der Ausgrabung Steinwerkzeuge gefunden, die durch ihre typischen Formen dem Ende der Altsteinzeit zugeordnet werden konnten. Sie bezeugen die Anwesenheit von Menschen, welche vor rund 10.000 Jahren unter den überstehenden Felspartien, die einen natürlichen Schutz vor Wind und Wetter boten, ihren Lagerplatz aufschlugen. Die Jäger und Sammler, die gegen Ende der letzten Eiszeit bei ihren Streifzügen durch das Veybachtal vor allem Mammut, Wollnashorn, Ren und Riesenhirsch erlegten, haben unter den Felsüberhängen nicht nur kurze Zeit gerastet, sondern dort länger verweilt, um ihre Werkzeuge und Jagdwaffen instandzusetzen und für ihren Bedarf neue zu fertigen. Das Rohmaterial für die steinzeitlichen Geräte fanden sie allerdings nicht an Ort und Stelle. Vielmehr verarbeiteten sie bei ihren Aufenthalten an den Katzensteinen Feuerstein aus den Flußschottern der Maas und des Rheins und Chalzedon aus der Gegend von Bonn-Muffendorf zu Messern, Sicheln und Klingen.

Durch die Ausgrabung an den Katzensteinen wurde ein neuer paläolitischer (altsteinzeitlicher) Rast und Lagerplatz entdeckt. Vorher war nur die Kakushöhle genannte Kartsteinhöhle zwischen den Orten Eiserfey und Weyer als solch ein Denkmal für die Frühzeit der Menschheitsgeschichte im Rheinland bekannt.


Wichtigste Quellen

Arbeitsunterlage für die Presse zur Ausgrabung in den Katzensteinen bei Satzvey. Herausgegeben vom Landschaftsverband Rheinland 1971
Leduc, N., Kommern. Ein ortskundliches Lexikon, Band 1, Köln 1979
Sölter, W., Die Katzensteine. Ein römischer Steinbruch. In: Jahrbuch des Kreises Euskirchen 1972
Schardt, H. G., Archäologische Denkmäler in der Stadt Mechernich.
Die „Katzensteine“ bei Katzvey. In: Bürgerbrief zugleich Amtsblatt für die Stadt Mechernich, 23. Jahrg., Nummer 18, 1991

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