Aus dem Rheinischen Freilichtmuseum Kommern
von Hans-Georg Schmeling

Der 14. Juni 1969 wird als schwarzer Tag in die Geschichte unseres Freilichtmuseums eingehen: um 18.10 Uhr schlug an diesem Tage ein Blitz in das gerade fertiggestellte Wohnhaus am Ruppenrod (Unterlahnkreis) ein. Das Gebäude fing sofort Feuer. Vor allem das Strohdach stand unmittelbar nach dem Blitzeinschlag in hellen Flammen. Obwohl die Feuerwehren aus Kommern, Mechernich und Euskirchen schon nach wenigen Minuten an der Brandstelle eintrafen, konnten von dem wertvollen Gebäude nur noch die Außenwände gerettet werden. Der gesamte Dachstuhl und eine großer Teil der Fachwerkgiebel wurden dagegen ein Opfer der Flammen. Glücklicherweise befanden sich zur Zeit des Gewitters keine Besucher in der Nähe des Ruppenroder Hauses, so daß Personen nicht zu Schaden kamen. Als Folge dieses unglücklichen Ereignisses wurden nunmehr alle an exponierter Stelle liegenden Häuser im „Westerwalddorf“ mit Blitzableitern versehen. Auch ein Löschteich, eine eigene Alarmanlage sowie weitere Blitzschutzvorrichtungen sollen in Zukunft ähnliche Unglücksfälle vermeiden bzw. ihr Ausmaß weitgehend einschränken. Das Haus aus Ruppenrod wird inzwischen von unsern Handwerkern originalgetreu wieder aufgerichtet, und wir hoffen, daß die Besucher es noch im Laufe des Jahres 1970 besichtigen können.


Das Wohnhaus aus Ruppenrod (Unterlahnkreis) vor der Zerstörung

Der weitere Ausbau unseres Museums weist in diesem Jahre einen eindeutigen Schwerpunkt auf, den Mühlenbau. Wie allgemein bekannt ist, befindet sich seit mehr als 10 Jahren eine sogenannte „Bockwindmühle“ aus Spiel (Kreis Jülich). Sie ist eine reine Holzkonstruktion. Es wurde jedoch früher im Rheinland eine weitere Windmühlenart verwendet, die als „Holländische Windmühle“ oder auch als „Turmwindmühle“ bezeichnet wird. Ein Exemplar dieses Typs wird zur Zeit etwa 300 Meter von der bereits vorhandenen Bockwindmühle aufgerichtet. Im Gegensatz zur Spieler Windmühle hat diese Turmwindmühle aus Cantrup (Kreis Diepholz) einen massiven Unterbau. Die Flügel sind nicht am Mühlenhaus selber, sondern an einer darauf befindlichen „Kappe“ befestigt, die drehbar ist. Die Inbetriebnahme der Mühle konnte dadurch bei diesem Typus wesentlich schneller und leichter erfolgen als bei einer Bockwindmühle: man braucht, um die Flügel gegen den Wind zu stellen, nicht mehr das gesamte Gebäude, sondern nur noch die Kappe mit den Flügeln zu drehen. Für die Müller war die Einführung dieser Mühlenart also mit einer wesentlichen Arbeitserleichterung verbunden. Trotzdem wurden auch weiterhin Bockwindmühlen errichtet, so daß wir oft beide Mühlenarten in demselben Dorfe nebeneinander in Benutzung fanden.

Auch hin der Nähe der Bockwindmühle aus Spiel sind Bauarbeiten im Gange. Hier soll ein komplettes Mühlengehöft errichtet werden, wie es früher im Verband mit Bockwindmühlen üblich war. Ein Wirtschaftsgebäude ist bereits fertiggestellt, ein Wohnhaus soll möglichst bald folgen.

In den bergigen Gegenden unseres Einzugsgebietes waren keine Wind-, sondern Wassermühlen in Betrieb. Es ist daher selbstverständlich, daß auch diese Mühlenform in unserem Museum vertreten sein muß. Im Anschluß an die Baugruppe „Eifel und Köln-Bonner Bucht“ entstehen zur Zeit in einem Tal zwei Wassermühlen, die möglichst bald in Betrieb sein sollen. Als erstes wurde eine Sägemühle in Bruchsteinbauweise erreichtet. Sie stammt aus Niederweis, Kreis Bitburg. Eine kombinierte Getreide- und Ölmühle aus Gräveneck (Oberlahnkreis) in Fachwerkbauweise entsteht in unmittelbarer Nähe. Beide Mühlen sollen durch das Wasser eines noch zu erstellenden Staubeckens getrieben werden.

Nachdem die Baugruppen „Eifel und Köln-Bonner Bucht“ sowie „Westerwald-Mittelrhein“ nahezu fertiggestellt sind, wird nunmehr mit der Errichtung der Baugruppe „Niederrhein“ begonnen. Hier entsteht zur Zeit ein Hallenhaus aus Mönchengladbach, das die für den Niederrhein typische Hausform aufweist: im Gegensatz zu den bisher zu sehenden Häusern gehört es nicht der mitteldeutschen, sondern der niederdeutschen Bauform an, ist also nicht quer-, sondern längsgegliedert. Auch der Haupteingang befindet sich nicht an einer der Traufseiten, sondern am Giebel. Es wird der besondere Reiz unseres Freilichtmuseums sein, daß wir Gebäude dieser beiden völlig voneinander verschiedenen Hausformen sowie entsprechende Übergangsformen zeigen können.

Außer den wiedererrichteten Bauernhäusern und –höfen hat auch unsere im Juni 1968 eröffnete Ausstellungshalle (vgl. Heimatkalender 1968) bei unseren Besuchern großen Anklang gefunden. In ihr sollen Wechselausstellungen der verschiedensten Art durchgeführt werden. Vor allen Dingen zeigen wir hier Gegenstände aus eigenem Bestand unter den verschiedensten Gesichtspunkten. Aber auch Ausstellungen nichtrheinischer Kulturerscheinungen sind vorgesehen. Die Eröffnungsausstellung stand unter dem Thema „Volkskunst im Rheinland“. Sie wurde von etwa 200.000 Personen besucht. Vor allem die wertvollen und oft sehr alten Stücke der einst so bedeutenden rheinischen Keramik fanden immer wieder zahlreiche Bewunderer. Alle bedeutenden Töpferzentren des Rheinlandes waren mit einer Reihe typischer Erzeugnisse vertreten. Von dem früher ebenfalls sehr wichtigen Eisenguß im Rheinland zeugten wertvolle Taken-, Kamin- und Ofenplatten. Weitere Gegenstände aus Holz, Fayence, Glas, Textilien und Metall rundeten den Querschnitt durch die einst im Rheinland vorhandene Volkskunst ab.


Westseite der Baugruppe „Westerwald-Mittelrhein“ mit den weit herabgezogenen Dächern zum Schutz gegen Witterungseinflüsse.

Im nächsten Jahre wird er größte Teil unserer Ausstellung in vier Städten Rumäniens zu sehen sein. Wir werden dagegen in unserer Ausstellungshalle vom 18. April bis 15. Juni 1970 eine Ausstellung „Volkskunst in Rumänien“ zeigen können.

Alle diese Planungen sowie die bisherigen Erfahrungen lassen vermuten, daß die Besucherzahlen in den kommenden Jahren wahrscheinlich weiter ansteigen werden. Schon lange hat sich gezeigt, daß besonders an den Wochentagen das zur Zeit einzige Museumsrestaurant, das „Haus Kahlenbusch“, dem Andrang der Besucher nicht gewachsen ist. Daher wollen wir unseren Gästen auch in dieser Beziehung im kommenden Jahre größere Annehmlichkeiten bieten: das Haus Kahlenbusch wird im Laufe des Winters um etwa 150 Sitzplätze erweitert werden. Darüber hinaus entsteht im Museumsgelände eine Schnellgaststätte, wo sich eilige Besucher, Schulklassen, größere Gemeinschaften etc. schnell und preiswert verpflegen können. Zahlreiche Automaten und eine Schnellbüffet werden hierfür zur Verfügung stehen.

Fotos: Freilichtmuseum Kommern

Entnommen: Heimatkalender des Kreises Euskirchen 1970

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